Münster verstehen mit MÜNSTER-MAREIKE & HANSA-HANNES
Münster Dings
Ein Instagram-Profil namens Münster Dings kommentiert ironisch die Münsteraner Lebensart in Form von Memes – knappen, pointierten Text-Bild-Kombinationen. Der Account hat mittlerweile über 67 Tsd. Follower und nutzt seine Reichweite längst für mehr als diese Memes. Wir durften die Person treffen, die hinter Münster Dings steckt und gern anonym bleiben möchte.
Münster Dings zählt zu den reichweitenstärksten Instagram-Profilen aus
Münster. Wann hast du den Account erstellt und weißt du noch, wie du
auf die Idee gekommen bist?
Ich habe ihn Ende 2019 erstellt, vor viereinhalb Jahren. Auf die Idee gekommen bin
ich, als ich gesehen habe, dass es viele andere Städte-Meme-Seiten gab. Das war
zu der damaligen Zeit neu, dass Memes auch auf Instagram einen lokalen Bezug
hatten. Ich fand die Memes von vielen anderen Städten – also, die Sachen, die
man als Außenstehender verstehen konnte - echt witzig und dachte mir: Oh, für
Münster gibt‘s das noch nicht. Und dann hab` ich es halt einfach probiert. Ich hätte
auch nicht gedacht, dass ich das über so viele Jahre mache und dann auch so groß.
Du nimmst Münster, seine Wahrzeichen und Persönlichkeiten ordentlich
auf`s Korn. Selbst vor unserem Oberbürgermeister Markus Lewe machst
du keinen Halt. Meistens liest es sich wie eine liebevolle Neckerei. Wie
stehst du zu Münster?
Ja, so kann man es, glaub ich, beschreiben. Aber Ich fühle mich trotzdem sehr
wohl hier.
Bist du gebürtig von hier?
Ich bin zugezogen, aber jetzt schon vor langer Zeit, vor gut zehn Jahren ungefähr.
Deine Klischee-Münsteraner heißen „Münster-Mareike“ und
„Hansa-Hannes“. Fühlst du dich bereits selbst als Münsteraner?
Schon irgendwie. Aber natürlich weiß ich auch, dass die Münsteraner mich dafür
hassen, wenn ich jetzt sage, ich bin Münsteraner – da fehlt natürlich immer ein
bisschen was. Aber ich komme immerhin aus NRW und die westfälische Kultur ist mir
nicht fern. Aber Münster ist schon, wie viele sagen, eine Blase. Gefühlt ist Münster
oft nicht die reale Welt. Das merkt man als Zugezogener vielleicht noch deutlicher
als diejenigen, die schon immer hier leben. Und ich glaube, genau das hilft mir,
die besonderen Eigenarten dieser Stadt zu erkennen und zu verstehen. Dinge,
die viele als selbstverständlich ansehen, die aber einfach speziell Münster sind.
Und ja, ich bin sehr gerne hier, aber ich finde, manchmal ist es so perfekt, dass
es kaum auszuhalten ist. Und das ist dann genau der Ansatz, worüber ich meine
Witze mache. Wenn man das vergleicht mit vielen anderen großen NRW-Städten,
sticht Münster tatsächlich oft im positiven Sinne heraus. Münster ist aber natürlich
nicht nur Streberstadt. Es gibt auch Stadtteile, Bezirke, die so ein bisschen vergessen
werden, wo es halt nicht so gut läuft. Es ist mir wichtig, das auch zu erwähnen,
weil sich viele Menschen sonst nicht gesehen fühlen.
Mittlerweile hast du über 67 Tsd. Follower. Hast du damit gerechnet,
so eine Reichweite zu erlangen?
Nein, auf gar keinen Fall. Damals dachte ich, ich mache vielleicht so zehn, zwölf
Memes und hab damit dann jeden Witz erzählt. Aber irgendwie passiert ja immer
wieder Neues, das man kommentieren kann. Viele Sachen bleiben, aber unsere
Stadt ist auch im Wandel.
Geht’s dir um Unterhaltung und Likes oder hast du auch ein Sendungsbewusstsein? Zuletzt hast z.B. zum Wählen gehen aufgerufen.
Natürlich freue ich mich immer, wenn viele Leute meine Beiträge liken und teilen.
Aber bei manchen Beiträgen steht tatsächlich meine Überzeugung im Vordergrund
und weniger die Likes. Bei bestimmten Themen weiß ich mittlerweile vorher schon,
dass es eher dazu führt, dass Leute gehen. Andererseits weiß ich auch, dass viele
Follower diese Posts besonders schätzen.
Das nimmst du dann in Kauf?
Ja. Es gibt eben manche Themen, wo man polarisiert. Das können ganz
profane Dinge sein. Wenn ich zum Beispiel Münster mit „MÜ“ abkürze und
die Leute sich darüber aufregen, dann finde ich, ist es eine witzige Diskussion
und dann mache ich es auch mit Absicht, um die Diskussion anzuheizen.
Wenn es aber z.B. um Rassismus oder Sexismus geht, finde ich nicht, dass
darüber diskutiert werden kann. Und dann entfolgen mir die Leute eben,
die darauf keinen Bock haben.
Wie gehst du mit kritischem, sehr emotionalem oder
sogar feindseligem Feedback um?
Grundsätzlich folgen mir viele Personen, die mir im weitesten Sinne zustimmen.
Es gibt natürlich auch Themen, wo man grundsätzlich vielleicht das gleiche
meint und will, aber mit der Machart nicht zufrieden ist. Konstruktive Kritik
und den Dialog finde ich gut und wichtig. Ich versuche auch, alle Nachrichten
zu lesen, aber durch die Größe des Accounts komme ich leider nicht mehr
dazu, alle zu beantworten. Das war früher anders. Menschen, die mich
beleidigen oder anfeinden – die lösche oder blockiere ich.
Gibt es für Münster Dings Tabuthemen, bei denen du sagst:
„Die packe ich auf gar keinen Fall an“?
Es gibt natürlich die typischen Münster-Stereotype, über die viele Menschen
lachen können. Das kann auch mal total stumpf sein. Und dann gibt es
Sachen, die in Münster passieren, die mich auf irgendeine Art und Weise aufregen und ich dann nur schlecht aushalten kann. Mein Copingmechanismus
war schon immer Humor.
Aber zu Deiner Frage bezüglich der Tabuthemen. Ich muss immer grundsätzlich
als Person hinter einer Pointe stehen können und ich bedenke immer: Welche
Person oder Personengruppe greife ich wie an? Das ist auch eine Frage der
Perspektive. Wenn ich jetzt zum Beispiel Witze darüber mache, wie es teilweise
in Kinderhaus oder Coerde abgeht, hätte ich das Gefühl, dass ich nach
unten trete, weil ich nicht dort wohne. Ich bin gut bürgerlich aufgewachsen
und empfinde sowas als klassistisch. Ich würde damit wahrscheinlich nur
irgendwelche Stereotype reproduzieren und das will ich nicht. Ganz am
Anfang habe ich mal ein Meme über Kinderhaus gemacht - das würde ich
so heute nicht mehr machen.
Du erwähntest eben, dass du nicht mehr alle Nachrichten lesen oder
beantworten kannst, weil dir die Zeit dazu fehlt. Du postest täglich
Stories oder Beiträge, recherchierst usw. – und machst Münster Dings doch nur „nebenbei“?
Richtig, ich habe noch ein „anderes Leben“ und mache den Account nebenbei.
Letztes Jahr gab es einen Punkt, wo ich in Anbetracht des Zeitaufwandes
dachte: Entweder ich mach das hier richtig weiter oder ich lass es komplett
bleiben. Das war dann auch der Moment, als ich das erste Mal Kooperationen
eingegangen bin. Damit kann ich die Tatsache ausgleichen, dass ich durch die
Zeit für Münster Dings an anderer Stelle weniger Geld verdiene.
Seit wenigen Wochen gibt es nun Münster Dings-Merchandise.
Wie sieht der aus?
Man kann T-Shirts und Caps mit dem Aufdruck „Monaco di Vestfalia“ bestellen.
Eine Person in meinem Bekanntenkreis hat nämlich herausgefunden, dass
das der altitalienische Name für Münster ist. Seither nenne ich Münster in
meinen Memes manchmal so. Ich hatte Lust, Merch zu machen, aber fand`s
uncool, dass da einfach nur fett „Münster Dings“ draufsteht. Und da bot sich
„Monaco di Vestfalia“ besser an. Wie das ankommt, weiß ich noch nicht,
aber ich freu` mich sehr, dass das geklappt hat. Ist natürlich irgendwie cool,
wenn man als Account jetzt sein eigenes Shirt hat.
Münster Dings setzt sich auch für den guten Zweck ein. Du bietest
seit einiger Zeit gemeinnützigen Organisationen eine Plattform.
Richtig, das Projekt heißt „Dingswoch“ und läuft – wie man dem Namen schon
entnehmen kann – regulär jeden Mittwoch. Dann poste ich ein Reel von einer
gemeinnützigen Organisation, Initiative oder Stiftung, die in Bezug zu Münster
steht. Für einen gewissen Zeitraum gab es dazu sogar die „Dingswoch“-Party
im PULS Club, bei der ein Teil des Eintrittspreises gespendet wurde. Ich finde,
ehrenamtliche Arbeit ist super wichtig und muss wertgeschätzt werden. Ich
hab` früher auch sehr viel ehrenamtlich gearbeitet, aber dafür fehlt mir
jetzt leider die Zeit. Aber ich nutze meine Reichweite, um zu unterstützen.
Als Partymitveranstalter trittst du aber auch noch in Erscheinung?
Ja, das passiert tatsächlich hin und wieder. Zuletzt waren dies jeweils im Puls
Club die „Sommer-Spritz-Dings-Party“, die „Super-Nicht-Spontane-Münster-
Dings-Valentins-Single-Party und die „Dings in den Mai“-Party zum 1. Mai.
Im August steht noch einmal eine „Sommer-Spritz-Dings 2000er Party an“.
Und das wird bestimmt nicht die letzte PParty gewesen sein.
Gehst du selber auch gerne aus und feiern in Münster?
Clubmäßig war ich früher mehr unterwegs, heute gehe ich lieber in Bars.
Hast du Lieblingsspots?
Ich bin gerne im Hansaviertel unterwegs, aber auch das Südviertel oder
die Innenstadt haben ihre guten Bars. Welche davon ich favorisiere, kann
ich nicht einmal sagen – ich genieße die große Vielfalt, die Münster bietet.
Vielleicht sieht man sich ja mal in einer der Bars!
Vielen Dank für das Interview!